Ferry Bolhar-Nordenkampf:
>
>> Wenn Du wirklich nur versehentlich vergessen hast, einen Fahrschein
>> mitzunehmen, dann hast Du damals nur den Preis für den Fahrschein
>> zahlen brauchen, heute hingegen sind dafür 62 Euro fällig, falls Du
>> durch einen Kontrollor erwischt wirst. (auch wenn Du wirklich nur den
>> Fahrschein vergessen hast.)
>
> Bei Fahrscheinen weiß ich's nicht, aber bei Zeitkarten ist es nicht so.
> Ist mir selbst einmal passiert: Jahreskarte vergessen: Adresse wird
> aufgeschrieben (dh., man braucht einen Lichtbildausweis), und man bringt
> die Zeitkarte innerhalb ein oder zwei Tagen nach (bei mir war's noch die
> Rahlgasse, heute wird's wohl Erdberg sein), und das Ganze ist erledigt.
Seit Wochen- und Monatskarten übertragbar sind, geht das natürlich nurmehr
bei Jahreskarten. Allerdings muss man im Fall einer Jahresgebühr immer
noch eine Bearbeitungsgebühr zahlen, wenn man ohne Jahreskarte erwischt
wird und diese nachbringt.
>> Und wenn heute ein Stempel-Automat falsch eingestellt ist (und das
>> kommt vor, siehe z. B. Straßenbahnjournal!), dann zahlst Du die 62
>> Euro, ohne etwas dafür zu können.
>
> Sicher nicht. Der Kontrollor ist verpflichtet, bei allen Entwertern
> zuerst "Proben" mit eigenen Testfahrscheinen zu ziehen
Das nützt aber nicht immer etwas:
1. Wenn man den Fahrschein in einem anderen Zug/Bus entwertet hat und dann
umgestiegen ist. Wie soll da der Kontrollor feststellen können, ob der
Entwerter in dem anderen Zug/Bus richtig eingestellt war?
2. Kommt es manchmal vor, dass der Entwerter bei der Anfangsstation noch
nicht initialisiert ist, (was sich so auswirkt, dass auf der Anzeige
"gesperrt" steht und der Entwerter nicht benutzbar ist, so als ob er
kaputt wäre), und dann aber kurz vor erreichen der nächsten Haltestelle
der Entwerter in Betrieb gesetzt wird. Wenn nun ein Fahrgast den
gesperrten Entwerter sieht, kriegt er nicht unbedingt mit, dass etwas
später der Entwerter plötlich in Betrieb ist. Wenn ein paar Haltestellen
später ein Kontrollor kommt, ist die Strafe fällig.
> Ich komme als Jahreskartenbesitzer nicht in diese
> Situation
Ich bin auch Jahreskartenbesitzer und habe daher das Problem nicht, habe
aber trotzdem manchmal schon zufällig beobachten können, dass manchmal
eben der Entwerter erst kurz vor der 2. Haltestelle in Betrieb genommen
wird.
> Zivilrechtlich gesehen glaube ich außerdem, daß
> den Kontrollor hier die Beweispflicht trifft - wenn er behauptet, daß du
> mit einem falschen/alten Fahrschein unterwegs bist, muss er das auch
> beweisen - und der Aufdruck ist eben, wie sich gezeigt hat, kein
> schlüssiger Beweis.
>
Die Beweislast liegt hier sicher auf der Seite des Fahrgastes! Denn sonst
könnte man ja nie einen Schwarzfahrer bestrafen, der irgendeinen
Fahrschein von irgendwann bei sich hat, und behauptet, der Entwerter wäre
falsch eingestellt. Das würden dann wohl viele Leute so machen, dass sie
ein einziges mal einen Fahrschein kaufen, und dann jahrelang damit fahren,
und es war halt immer der Entwerter falsch eingestellt ...
Bezüglich ÖBB habe ich auch einmal in der Konsument-Zeitschrift gelesen,
dass bereits überprüft wurde, ob es rechtlich möglich ist, die Beweislast
auf den Fahrgast zu legen, und dass die ÖBB in dieser Sache recht bekommen
hat. Ich nehme an, bei den Wiener Linien bzw. beim VOR wird es auch so
sein.
Denn sonst könnte man ja, wie gesagt, nie einen Schwarzfahrer bestrafen,
weil dann jeder Schwarzfahrer einen Fahrschein mit irgendeinem Stempel bei
sich hätte.
Das ist eben genau das Problem beim Schaffnerlosen System.
>> Der Schaffner half auch Leuten mit Kinderwagen und
>> gebrechlichen Personen beim
>> Einsteigen. Dass solche Fahrgäste in der Tür "eingezwickt"
>> wurden, konnte während der Schaffner-Ära auch nicht passieren.
>
> Naja, auch das ist passiert - wenn nämlich Leute bei Türen eingestiegen
> sind, wo es damals noch verboten war. Habe ich in einem E1 selbst
> erlebt: jemand will bei Tür 2 einsteigen und wird prompt eingezwickt.
> Aber schon klar: der Betreffende war selber schuld.
Den Fall, dass jemand bei einer Tür einsteigen wollte, wo er nicht durfte,
habe ich auch nicht gemeint. Es ging um älter Fahrgäste oder solche mit
Kinderwagen, die natürlich bei einem "legalen" Einstieg eingestiegen sind.
mfg
Bernhard