Auch in Paris ist nicht alles Gold, was (zumindest dem ersten Anschein nach)
glänzt. Erstens darf nicht übersehen werden, dass die Tramausbauten nicht so
schnell vorangehen wie ursprünglich vorgesehen, und - was noch schwerer
wiegt - dass sich Paris ein Konglomerat an inkopatiblen Verkehrssystemen
heranzüchtet. Welche Interessensgruppen dahinter stecken ist mir unbekannt,
anscheinend wird aber im Hintergrund heftig um die prestigeträchtigen
Aufträge in der Hauptstadt gekämpft.
Die Geschichte, ganz kurz erzählt:
Alles begann mit der T1, die mit den damals neuen "Tramway Francais
Standard" ausgerüstet wurde. Danach folgte der Umbau einer ehemaligen
Vollbahn (eine Verbindungsstrecke zwischen zwei Hauptachsen entlang der
Seine). In der ersten Tramwayeuphorie wurde diese Linie ebenfalls mit TFS
betrieben, die sich (mit ihrer Breite von 2,30) bald als zu klein
herausstellten.
http://www.tramway.at/europa/fr-paris-tramway_T1.htm
Als Verbesserungsmaßnahme wurden Citadis-Wagen beschafft, die TFS an die T1
übergeben; das Fassungsvermögen reichte weiterhin nicht aus, so wurden die
Stationen für Doppeltraktion verlängert. Seit einiger Zeit wird die T2 nun
so betrieben.
http://www.tramway.at/europa/fr-paris-tramway_T2.htm
Bei der Planung der T3 machte man Nägel mit Köpfen und entschied sich
richtigerweise für 2,65 breite Citadis. Die Linie ist damit aber nicht zu T1
und T2 kompatibel.
http://www.tramway.at/europa/fr-paris-tramway_T3.htm
Entschied man sich bei der T2 für eine der Trasse nicht ganz angemessene
Betriebsform (eigentlich handelt es sich um eine Stadtbahn-typische Strecke,
die Tramwaywagen sind zu klein und zierlich für die Aufgabe), ging man bei
der neuen T4 den umgekehrten Weg. Auch hier wurde eine ehemalige
Eisenbahn-Verbindungsstrecke in ein "leichteres" System umgestaltet,
allerdings ist von der üblichen Pracht der französischen Trams nichts zu
sehen: Vignolschienen inmitten eines Straßenzuges, Geländer trennen die
Trasse ab. Man wollte einen "Tram-Train", eine Stadtbahnlösung, allerdings
ist die Linie von den Vollbahnstrecken isoliert, eine Durchbindung sowieso
kaum
möglich. Der Betrieb gestaltet sich mühsam, über gesicherte
Straßenkreuzungen wird mit 30 km/h geschlichen. Das ganze ist ein ziemlicher
Krampf, mir ist unklar, warum die T3 mit 50 über normale Straßenkreuzungen
braust, während hier mit "schwererem" Gerät so übervorsichtig
gefahren wird.
http://www.tramway.at/europa/fr-paris-tramway_T4.htm
Die Fahrzeuge sind entgegen sonstiger Gepflogenheit von Siemens, typisch
deutsch und unpfiffig; während die französischen Tramwaywagen spaltfrei an
Bahnsteigen halten, fährt hier erst mühselig eine Rampe aus, bevor die Tür
aufgeht. Betrieben wird das Werkel von der SNCF, was die bei der Konzeption
geritten hat ist mir schleierhaft. "Coquetiers" heisst übrigens
"Eierbecher", die Linie bediente ursprünglich eine Geflügelfarm; das passt
jedenfalls zu diesen Weicheiern, die eine Strecke mit großem Potential so
verhunzt haben.
Leider ist auch für die weiteren Planung ähnliches zu erwarten. Die
"Tramlinien" St Denis-Sarcelles sowie Chatillon-Viroflay sollen als
Translohr-Spurbus entstehen, obwohl erstere unmittelbar an die bestehende T1
anschließt; wenigstens die Tram'Y, ebenfalls im Norden, soll eine klassische
Schienentram werden.
http://www.tramway.at/europa/fr-paris-tramway_TY.htm
Die weitere Entwicklung bleibt jedenfalls spannend.
Die Bilder zeigen neben dem "Avanto" auch das allgemeine Ambiente; die
Oberleitungsmasten zB entsprechen nicht ganz der gewohnten Designerware. Die
ganze "Pracht" findet sich auf
http://www.viennaslide.com/p/0530-paris/Paris/T4.html
--
Harald A. Jahn / www.tramway.at
Letztes Update: 3.11.2007, Bildarchiv Straßenbahn: Paris, T3
http://www.viennaslide.com/p/0530-paris/Paris/T3.html
http://www.viennaslide.com/p/0530-paris/Paris/T3_construction.html
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