Liebe Leute,
Vor längerer Zeit hab' ich hier schon einmal über die Geschichte
des Busbetriebes in Besançon geschrieben -- heuer war ich noch
einmal dort, und nehme mir heraus, aus gegebenem Anlass abermals
eine solche mitzuschicken ;-)
Es gibt ganz wenige Städte, die ich persönlich «erreist» habe und
die mein Interesse in Sachen Nahverkehr auf sich gezogen haben,
ohne dass sie ein Straßenbahn-, Stadtbahn- oder «zumindest» ein
Obusnetz betreiben. Mit all den neugebauten Straßenbahnsystemen
in Europa sind solche Städte jenseits der 100.000 Einwohner noch
weniger geworden -- die wohl bedeutendste Ausnahme ist Besançon.
Gemeinsam mit Dijon hat Besançon jahrzehntelang einen Spitzenplatz
belegt, was die in Frankreich nicht ganz unübliche Rangliste von
ÖPNV-Städten betrifft -- und das, obwohl dort keine Straßenbahn
fährt: NOCH keine Straßenbahn fährt, denn wie auch in Dijon wird
inzwischen an einer Tramway gebaut.
Im Gegensatz zu vielen anderen französischen Städten, wo der
Nahverkehr in den 60er-/70er-Jahren darniederlag, nachdem in
ganz Frankreich ja die berühmten vier Tramlinien überlebten
(in Lille zwei Überlandlinien, in Marseille eine periphere
Tunnelteilstreckenlinie und in St. Etienne die einzige echte
Innenstadtstrecke), hat Besançon schon früh versucht, seinen
Nurbusbetrieb so gut in Schuss zu halten, wie es die Umstände
der jeweiligen Ära halt hergaben. Dazu gehörte die eher frühe
Einführung eines Betriebs an Sonntagen -- in der französischen
Provinz lange Zeit eher die Ausnahme als die Regel(!); dazu
gehörte auch die sehr frühe Einführung einer rechnergestützten
Echtzeitdisposition der Busse, begleitet von einer ebenfalls
frühen Umsetzung erster Echtzeitanzeigen an Haltestellen.
All das wurde begünstigt von der Lage der Innenstadt Besançons
in einem Flussmäander mit der damit einher gehenden scharfen
Abgrenzung dieser Innenstadt -- vergleichbar etwa mit Salzburg
und seinem Innenstadtabschluss durch Kapuziner- und Mönchsberg.
Die Autofreundlichkeit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg hat
das ihre dazu beigetragen, dass die Innenstadt von Besançon
bald buchstäblich vom Verkehr stranguliert wurde -- so entstand
zu einer Zeit, wo man anderswo noch glaubte, Stadtautobahnen
bauen zu müssen, schon ein erster Ansatz einer verkehrsberuhigten
Innenstadt mit teilweisem Ausschluss des Nichtbusverkehrs. Die
Buslinien fuhren und fahren gebündelt durch solche Achsen der
Innenstadt, die ihnen vorbehalten sind, und sind so gerade
im dichtesten Stadtbetrieb flüssig und unbehindert unterwegs.
Das hat es sehr schwierig gemacht, auch in Besançon ein neues
Tramsystem zu konzipieren, ohne dieses dichte, hochfrequentierte
und eng vermaschte Busnetz zu zerreißen -- in gewisser Weise
der U-Bahn-Konzeption in Wien nicht ganz unähnlich, mit dem
allerdings bedeutenden Unterschied, dass die Klientel von Bus
und Tram dieselbe; von U-Bahn und Tram aber durchaus eine
unterschiedliche ist. Man hat nun eineinhalb Linien geplant
und baut schon d'ran -- der heurige Besuch in Besançon war
also wohl mein letzter ohne Straßenbahn dort. Anderswo war
der Straßenbahnneubau was ganz Anderes: Wo man nix kaputt
machen kann, baut sich's leicht; wo die Innenstädte ohnehin
einer Grundsanierung bedürfen, bietet sich die Straßenbahn
als passendstes Nahverkehrsmittel dafür mehr als an.
Genug neunmalklug dahergeschwätzt -- endlich zum Foto :-)
Es zeigt den Wagen 446 an der zentralen Haltestelle 8 Septembre;
die Auslastung ist in Besançon typisch, auch für einen Samstag.
Der Wagen trägt wie *alle* anderen stolz das Metalliséfarbkleid
des Verkehrsbetriebs «Ginkobus»; Vollverpickung ist hier fremd.
Die Aufnahme entstand am 7. Mai 2011 -- das erste Mal, dass ich
in Besançon einen sonnigen Tag erleben durfte ;-) Standpunktlink:
http://maps.google.com/maps?ll=49.009419,8.408&spn=0.000768,0.001774&sl…
Liebe Grüße und viel Spaß,
Wolfgang
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