[W] U1 Kaisermuehlen aus ungewohnter Perspektive

Image
Aufnahmezeitpunkt
2003-05-08
Dateigröße
161673
Breite
800
Höhe
600

Neulich hatte ich Gelegenheit, die Dachpenthouses im 31. Stock des
Seidlerturms zu besuchen. Übrigens ein Musterbeispiel für die konzeptlose
Wiener Stadtplanung: Die "Platte" wird nur zögerlich bebaut, gleichzeitig
bilden sich wie durch Zauberhand neue Subzentren aus - Wienerberg, Laaer
Berg, Gasometer, Erdberg... Da die aber auch nicht recht funktionieren, weil
die "kritische Dichte" nicht erreicht wird, plant man halt eine U-Bahn
dorthin, was die Sache aber auch nicht wesentlich besser macht.

Gleichzeitig "entdichtet" man gewachsene Stadträume, weil die Bevölkerung
entlang der U-Bahn-Achsen in grünere Gegenden abfließt. Urbane
Aufenthaltsbereiche bilden sich in den neuen Quartieren aber nicht aus,
entsprechend schlecht sind die teureren Wohnungen in den Hochhäusern an den
Mann zu bringen (im Seidler-Tower stehen die Dachappartments immer noch
leer). Interessanteweise sind in diesem gehypten Hochhaus die untersten 6
oder 7 Stockwerke an Einwanderer vergeben (nicht, dass ich was gegen
Zuwanderer hätte, aber es ist schon auffallend, dass man in soeinem
Prestigewohnhaus offensichtlich auf unverkäuflichen Wohnungen sitzenbleibt).
Klar - die Wagramer Straße und Reichsbrücke dröhnen bis in luftige Höh' und
machen die Terrassen mit Superweitblick eher unbewohnbar.

Die urbane Umgebung dort ist auch unter aller Sau (Kinozentrum, leere Shops,
unvermietbare Büros), und nachdem schon jetzt immer mehr Drogenhändler die
Gegend bevölkern, wird sich die U-Bahn-gewohnte Bevölkerung in 20 Jahren
sehr über dann vergammelte Stationen freuen, in die man sich kaum reintraut.
Die Schnellbahnstation Praterstern ist zB auch nur 20 Jahre älter als die
U-Bahn, und war in den 60ern ein stolz bejubeltes Aushgängeschild der Wiener
Verkehrsplanung.

Harald A. Jahn
www.tramway.at (Update: 16.4.2003)